Abenddämmerung im Wald

 

Unsere Abendrunde haben wir seit geraumer Zeit um einige Stunden vorverlegt, nun ist es sozusagen unsere Nachmittagsrunde. Auf unseren Wegen durch den Wald fühlt sich Frauchen wohler, wenn es noch nicht so völlig dunkel ist.

Nicht, dass sie ein Angsthase wäre, aber als wir das letzte Mal im Dunkeln im Wald waren, hatte sie in der Dämmerung, einen am Boden liegenden Ast übersehen, stolperte darüber und landete der Länge lang in der Matschpfütze vor ihren Füssen, anschließend sah sie aus, wie ein der Suhle entstiegenes Wildschwein und so mussten wir dann nach Hause gehen, sie hatte sich zwar die bematschte Kapuze so tief ins Gesicht gezogen wie es nur ging, aber wir wurden trotzdem von einigen Leuten erkannt und das war Frauchen megapeinlich. Nun ja, meinte Herrchen damals, als er vor lauter Lachen endlich wieder reden konnte, sie hätte doch die Taschenlampe und die Stirnlampe mitnehmen sollen.

Wir Hunde haben es da schon besser, auch bei schlechter Sicht, können wir uns immer noch auf unsere Nase verlassen.

 

An einem besonders düsteren Wintertag, gerieten wir dennoch schneller in die Dunkelheit, als wir erwartet hatten und Frauchen wurde etwas nervös, das bemerkte ich daran, dass sie besonders vorsichtig und langsam ging und sich bei Geräuschen immer wieder umblickte. Mein Freund Rudi, der uns wie so oft mit seinem Frauchen begleitete und ich genossen den Spaziergang. Wir hatten unsere Nasen meistens auf den Waldboden gerichtet, der so herrlich modrig duftete, wir konnten uns gar nicht satt riechen. Rudi war so vertieft ins Schnüffeln, dass er sein Frauchen an einigen Stellen buchstäblich hinter sich her zog, wenn es ihm nicht schnell genug vorwärts ging, denn auch sie bewegte sich mit zunehmender Dunkelheit nur unsicher voran. Dort, wo die ausgetretenen Pfade der vierbeinigen Waldbewohner den inzwischen düsteren Hauptweg kreuzten, wollte Rudi am liebsten hinein stürmen, sein Frauchen schaffte es aber jedes Mal doch noch, wenn auch mit Mühe, erstens Rudi zu stoppen und zweitens selbst auf den Beinen stehen zu bleiben, was auf der leicht rutschigen Pampe, aus aufgeweichtem Herbstlaub der Bäume und dem durchnässten Boden gar nicht so einfach war.

Ich hingegen blieb immer wieder mit hoch erhobenem Kopf stehen, um die Gerüche, die in der Waldluft lagen besser aufnehmen zu können und gleichzeitig mit den Augen die Bewegungen in der Umgebung, nach denen, dessen Duft in der Luft hing ausmachen zu können. Aber alles blieb ruhig.

 

Wir waren schon ein gutes Stück auf dem Rückweg, als es plötzlich zu unserer rechten Seite raschelte. Unsere Frauchen bekamen sogleich einen Schreck, aber wir Hunde wussten sofort, was los war, denn wir hörten mehr als nur ein Rascheln. Eine Rotte von mindestens zehn Wildschweinen schoss im Schweinsgalopp den Hang hinauf in unsere Richtung. Rudi und ich preschten laut bellend vor, bis uns der Ruck der Leine hart abbremste und unsere Frauchen keuchend vor Anstrengung hinter uns her geschlingert kamen, weil der Boden an dieser Stelle so glitschig war. Kaum hatten sie uns zum Stehen gebracht, da waren die Wildschweine, die unseren Weg überkreuzt hatten schon wieder zwischen den Tannen auf der anderen Seite verschwunden. Rudi und ich kläfften noch immer was das Zeug hielt. Unsere Frauchen hielten es nun für eine gute Idee, zu wenden und ein Stück in die andere Richtung zu gehen, sie meinten, das Rudi und ich uns auf diese Weise schnelle beruhigen würden.

Aber manchmal hat man die Rechnung ohne den Wirt gemacht, wie ein Sprichwort sagt. Wir waren nur einige Meter gegangen, als wir von der Tannenwaldseite, in welche die Rotte verschwunden war, erneut ein Rascheln und Knacken wahrnahmen, nur diesmal war es ein viel leiseres Geräusch und diesmal reagierten auch unsere Frauchen schneller, denn sie hatten unsere Leinen gleich kurz gehalten. Eine Rehfamilie kreuzte unseren Weg erneut, doch sie liefen die Senke hinab, welche die Wildschweine zuvor hochgestürmt waren. Was die Tiere so aufgescheucht hatte, haben wir nicht heraus gefunden, wir waren es jedenfalls nicht, das können unsere Frauchen bezeugen. Trotzdem verfielen Rudi und ich sogleich in ein nicht mehr enden wollendes Heul-, Jaulkläffen, das man wahrscheinlich noch im ganzen Dorf hören konnte. Da konnten wir so rein gar nichts gegen machen, es kam einfach so über uns.

Das war ein schöner Spaziergang, erschöpft und zufrieden gehen wir nach Hause.

 

©Ute Dissemond, Dezember

 

 

Durst, Durst, Durst

 

Gestern habe ich auf unserer Gassi-Runde meinen Freund Toby getroffen. Er ist zwar schon ziemlich alt, aber er hat immer noch den Schalk im Nacken und lässt keine Gelegenheit für Späße aller Art ungenutzt verstreichen. Während wir zwei Hunde, bei dem Treffen ausgiebig die Gegend abschnüffelten, musste Tobys Frauchen die Geschichte meinem Frauchen haarklein erzählen.

 

„Weißt du was Toby letzte Woche angestellt hat?“, legte sie los.

„Hatte er wieder Flausen im Kopf?“, will mein Frauchen wissen.

„Das kann man wohl sagen. Zuerst habe ich mir richtig Sorgen gemacht, weil er auf einmal so auffällig viel Wasser getrunken hat, einen ganzen Napf voll hat er auf einmal leer schlabbert. Aber nachdem wir die Ursache heraus gefunden hatten, war uns alles klar.“

„Also nehme ich an, er hat irgendwas gefressen, was nicht für ihn bestimmt war, habe ich recht?“, hakt mein Frauchen neugierig nach.

„Das kann man wohl sagen. Du weißt ja, das unsere Johanna seit einiger Zeit eine Reitbeteiligung hat, das hatte ich dir doch schon erzählt und dass sie von einer Freundin eine Menge trockener Brötchen bekommen hat. Natürlich verfüttert sie die nicht alle auf einmal, sondern immer nur eines, die restlichen bewahrt sie in einem Pappkarton in ihrem Zimmer auf. Am Donnerstag, ich kam gerade von Einkaufen zurück, da stand die Tür zum Flur versehentlich einen kleinen Spalt breit offen. Mir ist das überhaupt nicht aufgefallen und habe in aller Ruhe die Sachen weggeräumt. Als später mein Mann nach Hause kam wunderte er sich, das Toby ihn nicht wie sonst begrüßte. Ich dachte dass er an der Heizung auf seinem Kissen döst, aber da war er nicht. Wir riefen ihn, aber er kam nicht, wir suchten das ganze Haus nach ihm ab, natürlich öffneten wir auch die Tür zum Flur und da kam er uns freudig mit rundkreisender Rute entgegen. Zuerst dachten wir er hätte im Keller den Hundeleckerchenvorrat geplündert, wir kontrollierten das, aber da waren keine verräterischen Spuren zu finden. Toby hatte jedoch auffällig viel Durst, so durstig habe ich ihn in all den Jahren, die er bei uns ist noch nie gesehen und ehrlich gesagt wurde mir schon Angst und Bange, bei einem alten Hund weiß man ja nie, da kann es leider auch schon mal schnell zu Ende sein. Doch unsere Angst um Toby sollte sich noch am gleichen Abend in Luft auflösen, denn als unsere Tochter später nach Hause kam und nach oben in ihr Zimmer gehen wollte, entdeckte sie das, wonach wir vorher erfolglos gesucht hatten. Toby hatte doch Spuren hinterlassen, Krümelspuren um genau zu sein. Er hatte offensichtlich versucht in Lichtgeschwindigkeit so viele von den trockenen Brötchen zu fressen wie nur möglich war. Überall waren Krümel und angeknabberte Brötchenreste verteilt. Er hatte ganze Arbeit geleistet. Trotz der Unordnung waren wir froh. Nämlich darüber, dass sich sein übermäßiger Durst so leicht erklären ließ und ganz offensichtlich keine Krankheit dahinter steckte. Uns fiel ein Stein vom Herzen, da durfte er ruhig herum krümeln. An die Pferdeleckerlies, die Johanna in einem fest verschlossenen Plastikeimer aufbewahrt kam er nur deswegen nicht heran, weil er schwer zu öffnen ist.“

„Da hatte Toby noch mal einen richtig großen Erfolg zu feiern, ich kann mir gut vorstellen, welchen Spaß der kleine Gauner dabei hatte.“, antwortet mein Frauchen amüsiert.

 

Auch wir Hunde sind nun fertig mit herumschnüffeln und wir verabschieden uns. Zum Abschied rufe ich ihm noch hinterher, Toby, du alter Gauner, von dir kann ja sogar ich noch etwas lernen, ich wusste es schon immer, man darf dich nicht unterschätzen. Ein zustimmendes Wuff, Wuff ist Toby Antwort.

 

©Ute Dissemond, November 2013

 

Ü-Ei für Hunde?

 

Neulich war mein ganz persönlicher Tag, den wir hier jedes Jahr feiern, mein Geburtstag. Na gut, bei diesem Datum handelt es sich nicht wirklich um meinen Geburtstag, es ist der Jahrestag an dem ich bei meinen Menschen einzog, denn mein Alter ist ja nur geschätzt, mir und meinen Leuten ist das sowieso schnurzpiepegal.

Wichtig ist, das dieser Tag gefeiert wird, meine besten Hundekumpelfreunde werden eingeladen und diesmal hatte sich Frauchen jedoch eine besondere Überraschung für mich ausgedacht.

 

Der Tag begann mit unserer Morgenrunde, der ein köstliches Frühstück folgte, eine von Frauchen extra nur für mich zubereiteten Mahlzeit, es gab gedünsteten Fisch, den mag ich besonders gern, weil er mich an meine frühere Heimat erinnert, als ich noch am Hafen herumstreunte und mich von allerlei Fischresten ernährte, die man dort finden konnte. Zu dem Fisch gab es außerdem Nudeln und Karotten. Danach musste ich erst einmal ein Verdauungsnickerchen machen.

 

Es gibt immer wieder Leute die denken, der müsste doch froh sein, wenn ihn nichts mehr an sein früheres Leben auf der Straße erinnert, aber ganz so ist es nicht.

Sicher das Leben war hart und entbehrungsreich, aber es gab auch schöne Momente an die ich mich gerne erinnere, da ist als erstes die Sonne, der warme Sand unter den Pfoten, das Rauschen der Wellen, der Geruch vom Meer, der Geruch der salzhaltigen Luft, der Geruch der Pflanzen, Pinien, Orangenbäume, wilder Thymian und Rosmarin und der Geruch von leckerem Fisch, den Abfällen der Restaurants am Hafen, meine beiden Hundefreunde die ich nie wieder gesehen habe.

Ja, all das vermisse ich manchmal in meiner viel zu oft nassen und kalten neuen Heimat. Zum Glück nehmen mich meine Menschen jedes Mal mit, wenn sie ans Meer fahren. Ich habe mir angewöhnt, im Auto die Nase immer an die Lüftungsschlitze zu drücken, so weiß ich jederzeit wohin die Reise geht und rieche das Meer schon lange bevor man es sehen kann. Als erstes geht es nach der Ankunft an den Strand, dann gerate ich ganz aus dem Häuschen, drehe die verrücktesten Kreise im Sand, das es nur so staubt.

 

Ein neuer Duft holte mich aus meinem Tagtraum zurück ins hier und jetzt, er zog mir so köstlich in die Nase, selbstverständlich hatte ich darauf geachtet mich strategisch richtig zu platzieren, damit ich nun ja nichts wichtiges beim Dösen verpassen konnte, aber Frauchen war mal wieder raffiniert genug, dass mir ihre Vorbereitungen verborgen blieben. Da ist leider nichts zu machen, so ist sie nun mal.

 

Später am Nachmittag machten wir uns auf unsere zweite Runde, ich war schon ein wenig enttäuscht, dass das alles gewesen sein sollte, aber da überraschte mich Frauchen zum zweiten Mal, so nach und nach trafen wir, wie ich bereits ahnte, ganz und gar nicht zufällig all meine Hundefreunde die sich uns anschlossen und wir starteten zu einem schönen Spaziergang in den herbstlich gefärbten Wald, das Licht der durchbrechenden Sonne zauberte wunderschöne langgezogene Schatten und die bunten Blätter auf dem Boden raschelten so schön beim herüberlaufen. Wir hatten alle viel Spaß und als wir wieder das Dorf erreichten, war ich ehrlich gesagt auch schon hundemüde, aber es sollte noch besser kommen.

 

Anstatt zu Hause meine müden alten Knochen an der Heizung auszustrecken, kamen alle  meine Freunde mit zu uns, die wärmende Strahlen der Herbstsonne lockte jeden in meinen Garten, Frauchen brühte, wie könnte es anders sein, für die Zweibeiner einen starken Kaffee auf und für uns Hunde legte sie jedem ein dickes Päckchen vor die Nase.

 

„So nun hat jeder ein Hunde-Ü-Ei! Viel Spaß beim Auspacken. Wegen der Druckerschwärze habe ich auf Zeitungspapier verzichtet und statt dessen Packpapier verwendet, ich hoffe ihr wisst das zu schätzen“, sagte Frauchen lächelnd.

 

Nicht nur ich war verwundert, auch meine Hundekumpel staunten, aber wir beließen es nicht beim Staunen, denn obwohl die Päckchen dick mit laut knisternden Papier umwickelt waren, drang ein unwiderstehlich intensiver Duft aus ihrem Inneren. Während einige meiner Freunde noch daran herumschnüffelten, dabei fragend und hilfesuchend zu ihren Menschen blickten, hatte ich schon mit dem Auspacken begonnen und der Duft wurde mit jeder entfernten Lage Papier intensiver. Mit Pfoten und Schnauze entfernte ich geschickt eine Papierschicht nach der anderen, meine Kumpel machten es mir nach. Klar das ich es als erster geschafft hatte und was war darin verborgen?

In jedem Päckchen steckte ein riesiger Parmaschinkenknochen, was für eine Delikatesse.

Kaum waren die Überraschungen freigelegt, da begann eine regelrechte Fressorgie, es wurde geschmatzt, mit Zähnen und Pfoten gearbeitet, manchmal auch ein wenig geknurrt wenn der eine dem anderen zu nahe kam.

Felix, der winzigste im Bunde hatte die größte Mühe, obwohl Frauchen den kleinsten Knochen für ihn ausgesucht hatte, auch er schaffte es schließlich und bewachte seinen  kleinen Parmaschinkenknochen wie ein Löwe.

Als er bereits satt war, schlich er sich davon und vergrub den Rest im Garten, na ja, wirklich klug war das jetzt nicht, denn ich habe ihn dabei selbstverständlich genau beobachtet. Aber danke Felix, nun habe ich noch eine kleine Reserve für später, denn am besten schmeckt so ein Knochen, wenn er richtig gut durchgezogen ist, sagen wir mal so in ein bis zwei Wochen.

Das war ein schöner Tag, man müsste öfter Geburtstag feiern.

 

©Ute Dissemond, Oktober 2013

 

 

 

Mäusesprung

 

 

Neulich trafen wir Cindy, eine junge Schäferhündin, zum ersten Mal auf unserer Runde. Cindy und ihre Leute sind neu hier in der Gegend, wir gingen den Weg ein Stück zusammen und Frauchen zeigte Cindys Frauchen bei der Gelegenheit gleich einige schöne Strecken, die man hier gehen kann.

Natürlich konnte ich es mir nicht verkneifen, ein wenig vor der jungen Schäferhündin anzugeben. Dazu muss man wissen, ich liebe es Mäuse zu fangen, na ja immer gelingt mir das nicht, aber manchmal habe ich Glück und erwische eine, die darf ich dann auch immer verspeisen, auch wenn Frauchen das eklig findet, aber sie meint, ansonsten wäre es Verschwendung, früher sah sie das nicht so locker, da hat sie mich immer durchgeschüttelt, damit ich meine Beute wieder fallen lasse und ich bin ehrlich froh, dass sie ihre Meinung darüber geändert hat.

Also zurück zum Thema, ich zeige Cindy wie man es macht, ich schnüffle hier und da, lege den Kopf ein wenig schräg, um die Mäuse besser anpeilen zu können. Dann springe ich so hoch ich kann ab, Frauchen meint es sieht dann jedes Mal aus wie ein Kopfsprung, aber die Nase habe ich mir dabei noch nie angestoßen. Immer wieder ins Gras stoßend springe ich daher und es dauert nicht lange, bis Cindy es genauso macht. Ihr Frauchen ist darüber sehr entsetzt und sagt:

„Cindy hatte bisher noch Interesse am Mäusefangen gezeigt, das verstehe ich nicht, hoffentlich gewöhnt sie sich das jetzt nicht an!“

„So schlimm ist das doch nicht, besser die Hunde geben sich mit Mäusen zufrieden und sind dabei so konzentriert, dass sie das Wild in der Nähe nicht bemerken.“

Cindys Frauchen, weiß nicht so recht, was sie davon halten soll und versucht ihren Hund davon abzuhalten.

 

Unterdessen will ich zeigen was ich so alles drauf habe, ich steigere mich, die Sprünge werden schneller und höher, gerade als ich einen meiner besten Mäusesprünge aller Zeiten hinlege, passiert mir eines meiner peinlichsten Missgeschicke, ich stecke mit dem Kopf in einem Wildzaun fest, der ein abgelegenes Grundstück umgibt, im Eifer des Gefechts habe ich ihn vollkommen übersehen. Ich zerre und schüttele mich rückwärts, aber ich komme nicht los und Panik breitet sich in mir aus. Gerade will ich fürchterlich losheulen, da höre ich Frauchens Stimme beruhigend auf mich einreden:

„Ruhig Tónis, ich helfe dir, halt einfach nur still, dann hab ich’s gleich.“

Sie hat mich sicher im Griff, es gibt noch einen Ruck an meinem Hals, weil mein Halsband sich verhakt hat, aber dann bin ich befreit. Uff, das war ein Schreck und ich gehe brav neben Frauchen her, der Schock sitzt noch tief und die Lust aufs Mäusefangen ist mir zumindest vorerst vergangen, ich will nur noch nach Hause.

„Da hast du noch mal Glück gehabt Tónis“, sagt Frauchen zu mir.

„Ist ihm so etwas schon mal passiert?“, will Cindys Frauchen wissen.

„Nein, noch nie, ich hätte auch nicht gedacht, dass er dort hängen bleiben kann, man lernt eben nie aus“, antwortet Frauchen.

 

Während unsere Frauchen sich noch weiter über alles mögliche unterhalten, beobachte ich, wie Cindy vor einem Mauseloch aufmerksam stehen bleibt. Dabei spitzt sie die Ohren, beugt sich vor und schnüffelt geräuschvoll hinein, aber der rasanten Sprung kopfüber, wie ich es von ihr erwartet hätte bleibt aus, statt dessen knurrt sie nur in das Mauseloch und geht weiter. Ich folge Cindy mit einigem Metern Abstand und als ich das Mauseloch ebenfalls erreiche, erlebe ich die zweite Überraschung des Tages. Denn die neugierige Maus schaut exakt in dem Augenblick aus ihrem Loch heraus, als ich es erreiche, diese Gelegenheit kann ich natürlich nicht ungenutzt verstreichen lassen, ein Schnapper, einmal kurz kauen und sie ist verschwunden, verdutzt schaut mich Cindy an. Ja, Mädchen von mir kannst du eben doch noch was lernen.

Auch unsere Begleiterinnen schauen überrascht drein, während Frauchen zu lachen beginnt, verzieht Cindys Frauchen angewidert das Gesicht. Meine Ehre ist wieder hergestellt, der Tag ist gerettet.

 

©Ute Dissemond, September 2013

 

 

 

 

Au Backe

 

Aus der Küche strömt ein süßer Duft, der sich in jeden Raum des Hauses verteilt. Frauchen sitzt am Küchentisch, eine Tasse Cappuccino vor sich und schaut in den hell erleuchteten Backofen.

„Hm, was riecht denn hier so köstlich?“, will Herrchen wissen, der hofft natürlich auf Käsekuchen, das ist seine Lieblingssorte, aber da hat er diesmal Pech gehabt.

„Es wird Bienenstich“, ruft Frauchen ihm entgegen.

 

Ich kenne diese Kuchensorte noch nicht, aber bei dem Wort Bienenstich fällt mir gleich ein schmerzhaftes Erlebnis ein, ich erinnere mich an den ersten Sommer bei meinen Menschen, ich war noch jung und voller Tatendrang, aus lauter Neugier vor nichts zu bremsen.

 

Noch nie zuvor hatte ich so viele duftenden Blumen und Blüten in einem Garten gesehen und die dort herum schwirrenden und summenden Insekten auch nicht. Dort wo ich geboren wurde war es sehr heiß und trocken aber allmählich verblassen die Erinnerungen daran.

Egal, diese kleinen Tiere an und auf den Blüten interessierten mich, ich versuchte an ihnen zu schnüffeln und schnappte danach, zunächst absichtlich daneben, aber als sie sich offensichtlich nicht wehrten und mir eine leichte Beute erschienen, versuchte ich eines zu fangen. Zu erst gelang es mir nicht, aber nach einigen Fehlversuchen klappte es schließlich. Doch meine Freude über den Fang hielt nur so lange an, bis ich einen stechenden Schmerz im Maul spürte, zuerst spuckte ich die Biene wieder aus und kratzte mit der Pfote an meiner Schnauze, aber auch darüber lecken half nichts, es brannte fürchterlich. Leise vor mich hin winselnd zog ich mich unter einen der schattigen Sträucher zurück, doch ich spürte, dass die Stelle dicker wurde und das Fell sich zu spannen begann. Zum Glück dauerte es nicht lange, da rief auch schon Frauchen nach mir, aber ich kam nicht, sie suchte mich und als sie mich fand, sagte sie:

„Oh je, was hat dich denn gestochen? Dein Gesicht ist ja ganz geschwollen, du armes Kerlchen, komm mit, das muss ich mir genauer ansehen und außerdem habe ich drinnen etwas für dich, ich hoffe es wird dir helfen. Ich vermute der Stich hat zum Glück nur die Lefze getroffen und so weit ich es sehe ist im Rachen noch alles o.k., das ist schon mal gut. So da du noch Luft bekommst versuche ich dir erst mal selbst zu helfen und für den Fall, dass sich die Schwellung doch verschlimmern sollte, sind wir in fünf Minuten bei Tierarzt, also kein Grund zur Panik.“

Daraufhin brachte sie mich ins Haus, kühlte meine Schnauze mit einem kühlen feuchten Lappen, das tat gut und im Anschluss gab sie mir einige kleine weiße Kügelchen, die nach nichts schmeckten, ins Maul. Frauchen sagte, es wäre ein homöopathisches Arzneimittel, sogenannte Globuli: Apis mellifica, die helfen sehr gut bei Insektenstichen. Und sie sollte recht behalten, es war zwar kein Wundermittel, aber es wirkte und ließ die Schwellung langsam abklingen.

Da hatte ich noch einmal Glück gehabt und seit dem habe ich nie wieder versucht summende Insekten zu fangen.

 

Aus der Küche piept der Timer, der Bienenstich ist fertig. Noch nicht richtig fertig, aber Frauchen holt ihn aus dem Ofen, jetzt muss er noch abkühlen, in der Mitte geteilt werden, die Füllung hinein und erst dann ist er fertig.

Aber ich ahne es schon, es wird wieder so wie immer ablaufen, ich werde auch diesmal leer ausgehen, höchstens der eine oder anderen heruntergefallen Krümel wird mir gegönnt sein, mit dem ich mich schließlich begnügen muss, dabei würde diese Art Bienenstich sicherlich auch bei mir keine schmerzhafte Schwellung auslösen.

 

©Ute Dissemond, August 2013

 

 

Das „Klingelmännchen“

 

Heute besuchen Frauchen und ich eine gemeinsame Freundin, ich erinnere mich noch gut an dass kleine scheue Hundemädchen, das erst lernen musste, die Welt zu entdecken und bin schon darauf gespannt, ob sie Fortschritte gemacht hat.

Die Fahrt dorthin dauert nicht sehr lange, als wir unser Auto in der Auffahrt abstellen hören wir von drinnen bereits munteres Gebell.

 

„Na, wie klappt es denn inzwischen mit der Kleinen?“, will Frauchen wissen und ihre Freundin redet sprudelnd darauf los:

„Eigentlich läuft alles super, wenn man davon absieht, dass sie fremden Menschen gegenüber im allgemeinen immer noch sehr zurückhaltend ist. Manche mag sie auf anhieb, die dürfen sie auch streicheln, andere können sich noch so sehr bemühen, da hält sie den Sicherheitsabstand von ca. einem Meter ein.“

„Und wie verhält sie sich zu fremden Artgenossen?“, will Frauchen wissen,

„ist sie da auch so distanziert, oder sogar abwehrend?“

„Nein, weder noch, andere Hunde schaut sie sich zunächst abwartend an, sie läuft nicht gleich zu jedem hin, sie beobachtet und entscheidet dann, ob ihr Gegenüber vertrauenswürdig ist oder nicht. Selbst wenn der andere Hund unfreundlich ist und knurrt, dann ignoriert sie ihn einfach.“

„Oh das ist ja schön“, meint Frauchen.

 

Plötzlich spitze ich meine Ohren, denn ich bemerke ein kratzendes Geräusch, auch Frauchen hat sich umgedreht, dann sehen wir den Grund.

Die kleine Hündin tapst mit ihrer Pfote immer wieder auf den metallenen Türstopper, der neben der Terrassentür liegt.

 

„Was macht die denn da?“, will mein überraschtes Frauchen wissen.

„Ach, damit gibt sie mir zu verstehen, dass sie hinaus möchte.“

„Hast du sie dahingehend trainiert? Ich weiß noch, dass das mit dem Stubenrein am Anfang nicht so gut geklappt hat.“

„Ja, das stimmt, aber das Anklingeln hat sie sich quasi selbst beigebracht oder besser gesagt, mich darauf konditioniert.“

„Auf die Erklärung bin ich aber gespannt.“

 

„Also, eigentlich hat das Klingeln mit dem Stubenrein gar nichts zu tun, zuerst ging es der kleinen Maus nur ums Spielen. Sie liebt es ausgiebig durch den Garten zu stromern. Bei geschlossener Tür kratzte sie zunächst an der Scheibe. Doch eines Tage war Durchzug im Haus, mein Mann war draußen, er hatte in der Garage zu tun und ich legte den Türstopper vor die nur angelehnte Terrassentür. Offensichtlich hatte sie mich dabei genau beobachtet, wie ich das Teil mit dem Fuß dorthin schob und es dauerte nicht lange, bis ich zum ersten Mal, dass eben gehörte Kratzgeräusch vernahm und verdutzt sah, wie dieser kleine ‘Fliegenschieß’ versuchte den Klotz, mit den Pfötchen, so weit wegzuräumen, dass sie durch den Türspalt passte. Voller Freude rannte sie mit ihrem Lieblingsspielzeugteddy hinaus und drehte ein paar rasante Runden im Gras. Ich konnte mir das Lachen nicht verkneifen, es war zu lustig, auch in ihrem kleinen Pelzgesicht spiegelte sich Lebensfreude pur. Das war sozusagen der erste Etappensieg. Sie hatte gelernt, bewegt man den Klotz, öffnet sich die Tür. Als der Winter kam, war die Tür natürlich immer fest verschlossen und ihre Freude wurde zunächst ein wenig gebremst. Doch jedes Mal, wenn ich ihr Kratzen bemerkte, ging ich hin und ließ sie hinaus, vielleicht musste sie ja. Manchmal musste sie, aber meistens ging es nur ums Spielen. Jedenfalls war damit endlich das Thema Stubenrein erledigt und ich gehorcht ihr ausgesprochen gut aufs Klingeln. Wer erzieht nun wen?“

„Ganz schön schlau von der kleinen Maus und sehr praktisch, wenn man einen Hund hat der sich dezent bemerkbar macht, finde ich“, sagt Frauchen, „wichtig ist dabei jedoch, dass sie sich nicht ausschließlich im Garten austobt, sondern auch noch was anderes von der Welt zu sehen bekommt.“

„Das ist klar, wir gehen morgens immer eine kurze Runde, bevor ich zur Arbeit fahre und nachmittags eine lange. Wenn wir in Urlaub fahren kommt sie natürlich auch mit.“

„So machen wir es auch“, sagt Frauchen.

 

Und ich überlege mir nun, wie ich es anstellen kann, dass mein Frauchen genauso gehorsam wird, nur schade, dass mir keine Türstopperklingel zur Verfügung steht, da muss ich mir etwas anderes einfallen lassen. Ganz schön raffiniert von dem kleinen Hundemädchen, von dem ein alter Knochen wie ich sogar noch etwas lernen kann, wer hätte das gedacht, soviel Cleverness hätte ich ihr gar nicht zugetraut, da sieht man mal wieder, wie man sich täuschen kann.

Bevor wir wieder nach Hause fahren, gehe ich schnell noch eine Runde mit der Kleinen durch den Garten tollen, die Tür hat sie ja schon geöffnet.

 

©Ute Dissemond, Juli 2013

 

 

Vorfreude

 

Bald geht es wieder los, wir werden wieder verreisen, das habe ich so eben mitbekommen und ich hoffe es geht wieder nach Spanien, genauer gesagt die spanische Seite der Pyrenäen.

Da gefällt es mir sehr gut, vor allem die Wanderungen durch die Kiefernwälder, dort gibt es die gleichen Wildtiere wie hier, zumindest was Wildschweine, Hasen und Rehe angeht.

 

Wildschweine und Rehe habe ich hier in den Wäldern schon oft gesehen, die sind sehr schreckhaft und rennen, wenn sie einen bemerken sofort weg. In abgelegenen Waldwegen, wo Frauchen weiß, dass sich das Wild oft dorthin zurückzieht bin ich immer an der Leine, sie erzählt immer mit mir, sie sagt, das macht sie, um das Wild nicht zu erschrecken, so bemerken die Tiere uns schon früh und können sich in aller Ruhe, rechtzeitig vor uns weichen.

 

Auch im Urlaub bevorzugen wir abgelegene Wald- und Wanderwege und versuchen dort dem Wild genauso zu respektieren wie Zuhause.

 

Im letzten Jahr jedoch hörten wir es im Gebüsch neben uns rascheln und nur einen Moment später versperrte uns eine riesige Bache mit Frischling den Weg, sie stand nur ca. 20 Meter von uns entfernt und wir zuckten alle vor Schreck zusammen, ich begann laut zu bellen, aber dieses Wildschwein rannte nicht wie die Waldtiere Zuhause weg, es schien keine Angst zu haben. Herrchen fiel nichts besseres ein, als den Fotoapparat heraus zu kramen und das wütende Wildschwein mit der Kamera ins Visier zu nehmen. Darauf hin gab uns die Bache eine letzte Warnung, indem sie noch ein paar Meter, wild stampfend auf uns zu hastete und erst kurz vor uns stoppte.

Endlich nahm auch Herrchen diese Warnung ernst.

Wir, gingen langsam rückwärts, doch entweder traute uns diese Bache nicht über den Weg oder sie wollte ihrem Frischling beibringen, wie man Menschen aus ihrem Wald vertreibt, Angst vor Menschen schien dieses Tier auf jeden Fall nicht zu haben, was auch mich beunruhigte, denn ich wollte nun schnell das Weite suchen und zerrte heftig an der Leine. Doch Frauchen hielt mich kurz.

„Langsam Tónis, nicht so schnell, ruhig, es ist alles gut.“

Ha, ha, Frauchen, das glaubst du doch selber nicht, Adrenalin pumpte durch unsere Körper und wir verströmten alle samt Angstgeruch.

Während wir vorgetäuscht geordnet und ruhig, doch immer wieder angstvoll zur Seite sehend den Rückzug antraten, folgte uns das Wildschwein mit seinem Kind noch ein ganzes Stück, immer den gleichen Abstand zu uns einhaltend.

Erst kurz bevor wir wieder den Hauptweg erreichten, der in den Ort führt, wo man schon die ersten Häuser sehen kann, schickte uns die Bache, was immer es auch bedeuten mochte, ein letztes Grunzen hinterher, ehe sie umkehrte und mit samt ihrem Nachwuchs, wieder im Wald verschwand.

Herrchen und Frauchen atmen erleichtert auf, doch der Puls war auch bei mir erst wieder ruhig, als wir durch den sicheren Ort in Richtung Parkplatz schlenderten.

 

„Hast du schon einmal ein solch riesiges Wildschwein gesehen?“, fragt Frauchen.

„Nein, es war viel größer, als bei uns Zuhause, gut, dass ich noch ein Foto machen konnte.“, bemerkt Herrchen.

„Ja, genau, das war ja die dämlichste Idee, die du je gehabt hast, und das hat die Bache vor allem so richtig wütend gemacht, ich fasse es nicht. Spinnst du jetzt komplett? Wie kann man nur...? Ist dir eigentlich klar, dass das da eben ziemlich knapp vorm schief gehen war?“, knurrte Frauchen wütend zurück.

Herrchen hatte sich von dem Schreck am schnellsten wieder erholt und grinste frech, als er sich stolz, das Portrait von der Bache auf dem Fotoapparat anschaute.

 

Den Rest des Urlaubs, war Frauchen nicht mehr in dieses Waldstück zu bewegen und Herrchen hatte seinen Spaß daran, sich deswegen über sie lustig zu machen.

 

Zum Glück mangelte es uns dort nicht an vielfältigen Ausweichrouten für abwechslungsreiche Spaziergänge. Auch ich möchte dieses Tier nicht unbedingt noch einmal aus der Nähe sehen.

Diesmal gebe ich Frauchen vollkommen recht, denn Herrchens Verhalten war echt leichtsinnig, man könnte so etwas auch gefährlichen Unfug nennen.

 

©Ute Dissemond, Juni 2013

 

 

Helfer bei der Gartenarbeit

 

Heute sind meine Menschen und ich bei Rudi und seinen Leuten eingeladen. Rudi ist mein neuer Freund, er ist ein saufarbener Rauhaardackel und seine Besitzer sind unsere neuen Nachbarn, sie sind in das, seit einiger Zeit leer stehende Haus neben uns eingezogen. Unsere Herrchen und Frauchen sitzen gerade auf der Terrasse und schlürfen Kaffee, als meinem Frauchen plötzlich eine Veränderung im Garten unserer Gastgeber auffällt.

„Sagen Sie mal, warum ist denn Ihr Gemüsebeet so hermetisch abgeriegelt? Ist mir bis jetzt noch nie aufgefallen, das ist neu, nicht wahr?“

Mensch Frauchen, du stellst Fragen, aber auch ich wüsste zu gerne, was der Grund dafür ist und auf eine Antwort brauchen wir nicht lange warten.

„Das ist alles nur wegen Rudi!“,

plappert Rudis Frauchen, drauf los und nun braucht mein Frauchen nur noch ab und zu mit dem Kopf nicken, denn zu Wort kommt sie vorläufig nicht mehr.

 

„Also, das war so, ich hatte einen freien Tag habe ich Pflanzen gesetzt, die Reihen ausgemessen, die Pflänzchen geordnet und jedes in eine kleine Mulde gesetzt. Ich mach das ja gerne, die Gartenarbeit und als ich fertig war, habe ich mir das Werk zufrieden betrachtet, die Geräte weggeräumt und die Hände sauber geschrubbt, ich kann einfach nicht mit Handschuhen arbeiten. Rudi wuselte den ganzen Tag um mich herum, ich habe ihn immer wieder weggeschickt, weil er mir so oft im Weg stand, nun ja und später als er nicht mehr störte, habe ich nicht mehr an ihn gedacht. Am Abend wollte ich meinem Mann stolz mein Werk präsentieren und was wir dann sahen war eine Überraschung, aber keine gute. Rudi hatte alle Pflänzchen ausgebuddelt und die meisten davon sorgfältig auf einen Stapel zusammengelegt, mit einigen anderen hatte sich ganz offensichtlich amüsiert und sie zerzaust, die von mir sorgsam gezogenen Reihen hatte er in der Zwischenzeit umgegraben und die kleinen Mulden hatte er in Krater verwandelt. Als mein Mann dann auch noch die Frechheit besaß laut darüber zu lachen, da platzte mir der Kragen. Wutentebrand schnappte ich mir die Autoschlüssel und fuhr zum nächsten Baumarkt, der hatte zum Glück noch auf und dort wurde ich fündig, es gab alles was ich nun brauchte. Also, als erstes neue Pflanzen und zudem hohe Gitterzaunelemente, die dazu passende Tür, dazu Scharniere sowie Zement, um die Zaunpfoten stabil einbetonieren zu können. Mein Mann war sprachlos, als ich zu Hause ankam und er sah, was alles in meinen Kombi passt. Um meine Ruhe zu haben, beorderte ich alle ins Haus.

Rudi sagte mir, sie haben die Ruhe vor dem fauchenden alten Drachen genossen. Natürlich wollte ich alles am gleichen Abend noch aufbauen, mein Mann tippt sich immer wieder an die Stirn, als er meinen Ausführungen zuhörte, aber er wusste, dass mir das egal war, denn wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, dann ziehe ich es auch durch, auch wenn darüber die Nacht hereinbricht. Ich bin eben kreativ, da habe ich kurzerhand die Halogenstrahler im Garten aufgestellt, und stellen Sie sich vor, da gehen nebenan doch glatt die Rollläden hoch und die haben die Frechheit mich zu fragen, ob ich den morgigen Tag schon verplant hätte, unerhört kann ich da nur sagen. Aber ich bin ja ein friedfertiger Mensch und habe nur herübergerufen, dass, wenn sie mich nicht stören es schneller gehen würde und nein, ich habe keine Schlafstörungen wie sie, habe ich noch gesagt und nein, ich suche weder einen Schatz, noch verscharre ich eine Leiche, dreistes zugezogenes Pack! Schlagartig ging die Tür zu und die Rolllade wieder runter und ich konnte in Frieden weiter arbeiten. Und voilá, wie gefällt es Ihnen? Sie sind ja angenehme Nachbarn, Sie haben davon doch nichts mitbekommen, oder?“

Frauchen zögert einen Moment mit der Antwort und lügt, dass sich die Balken biegen.

„Wir haben davon überhaupt nichts bemerkt. Doch Ihr Gemüsegarten sieht hübsch aus, etwas ungewöhnlich, aber wirkungsvoll.“,

antwortet Frauchen, was sie denkt ist etwas ganz anderes, aber das sagt sie nicht. Aber bei dem was sie denkt, stimme ich ihr vollkommen zu und wohl einige anderen auch.

In der Nacht, als die Halogenstrahler plötzlich das Schlafzimmer erhellten und Herrchen und Frauchen vor Schreck über das grelle Licht, was uns blendete senkrecht im Bett hochschnellten sagte sie zu Herrchen nur: „Das glaub ich jetzt nicht, die Alte hat ja wohl voll einen an der Klatsche, wie halten der Mann und der Hund das nur aus, die ist ja zum wahnsinnig werden!“ Und Herrchen hat nur kurz genickt, bevor er sich die Decke über den Kopf zog, vor dem grellen Licht.

Ich bin jedoch heilfroh, dass mein Frauchen, was meine Art der Gartengestaltung angeht, na sagen wir zumindest fast immer, die Ruhe weg hat.

 

Und noch etwas, auch Rudi hat die Ruhe weg, denn er hat sich schon eifrig auf die Suche nach einem Schlupfloch zum undurchdringlich abgeriegelten Gemüsebeet gemacht und er wäre nicht Rudi, wenn er nicht bald einen Weg dorthin finden würde und ich helfe ihm ein wenig dabei. Wir müssen hinter dem Rhododendrenbusch, wo es niemand sieht ein wenig tiefer graben, dann passe sogar ich mit hindurch, in den verriegelten Gemüsegarten. Wir haben Spaß, sehr viel Spaß.

Mein Frauchen hat uns entdeckt, grinst und lenkt Rudis Frauchen schnell ein wenig ab, bevor wir uns verabschieden und nach Hause gehen.

Auf dem kurzen Rückweg schmunzeln meine Leute die ganze Zeit vergnügt vor sich hin manchmal lachen sie auch laut.

 

Am nächsten Tag treffen wir Rudi und sein Frauchen, als wir gerade von unserem Spaziergang zurückkehren und sie erzählt uns mit entsetzlich ernstem Gesicht ihre Sorgen:

„Ich weiß nicht, was oder wer es waren, ich denke das es ein Tier gewesen sein muss, wenn nicht meine hinterlistigen Nachbarn, Sie wissen schon, die von denen ich Ihnen erzählt habe, dahinter stecken, denen ist alles zuzutrauen, irgendetwas hat jedenfalls meinen Gemüsegarten verwüstet, Rudi kann es ja diesmal nicht gewesen sein. Zuerst dachte ich es wären vielleicht ausgebüxte Kaninchen gewesen, Elstern, Krähen, Tauben, ein Waschbär möglicherweise oder kann etwa ein Igel der Übeltäter gewesen sein? Ich bin ratlos, alle Pflänzchen lagen heute morgen ausgezupft und zerfleddert herum, knietiefe Löcher, die ganze Arbeit... , ich werde gleich wieder losfahren müssen, um mir elektrischen Weidezaun zu besorgen. Irgendetwas muss ich dagegen tun, so geht es jedenfalls nicht weiter.“

„Oh je,“, tut Frauchen mitleidvoll und verkneift sich das, was sie eigentlich sagen will, aber das „oh je“, kommt von Herzen.

„Wir haben ja kein Gemüsebeet im Garten, nur eine große Rasenfläche, einen Teich und eine Sandecke für Tónis, unser Garten mag für einige langweilig erscheinen, aber er ist pflegeleicht und so haben wir mehr Zeit um darin zu relaxen.“,

gibt Frauchen zum besten.

„Nein, ein sogenannter hundegerechter Garten, das wäre nichts für uns.“,

antwortet Rudis Frauchen, bevor sie sich ein wenig angewidert umdreht und eilig davon stelzt. Rudi bleibt noch einen kurzen Augenblick bei uns stehen, bevor seine Rollleine zuende ist und ihm einen kräftigen Ruck versetzt.

Armer Rudi denke ich, wenn du es satt hast, dann kannst du gerne bei mir wohnen, meine Leute hätten bestimmt nicht dagegen, das bekomme ich schon hin, du weißt ja, wo du mich findest und gib Acht, dass dein Frauchen nicht unter dem Rhododendrenbusch nachsieht, dann bist du geliefert, ruft ich Toby noch nach.

Ob es so was wie Gedankenübertragung gibt, weiß ich nicht, jedenfalls scheint Frauchen die gleichen Gedanken zu haben wie ich, am Abend sagt sie zu Herrchen:

„Der kleine Hund von den Neuen tut mir echt leid, weißt du was die alte Gewitterziege nun vor hat? Sie will ihr Gemüsebeet unter Strom setzten, die hat se ja nicht mehr alle und den armen Rudi zerrt sie lieblos hinter sich her, überhaupt scheint ihr der Hund so ziemlich egal zu sein, was meinst du, können wir wenigstens Rudi irgendwie helfen?“

Oh, was habe ich ein Glück, das ich bei meinen Menschen gelandet bin.

Herrchen ist sich zwar noch nicht sicher was er antworten soll, aber das macht nichts, lass dir ruhig Zeit, Frauchen und ich, wir kriegen das mit Rudi schon irgendwie hin, verlass dich drauf und genau das ist es wahrscheinlich, was ihn im Moment ziemlich verunsichert.

 

©Ute Dissemond, Mai 2013

 

 

 

Ordnung muss sein

 

Neulich hat Frauchen einen „Rüffel“ bekommen.

Wie so oft, stiegen wir in den Wagen und sie sagte zu mir, bevor wir aus der Garage fuhren:

„Heute fahren wir noch mal ins Feld, da waren wir schon lange nicht mehr.“

 

Der Wagen setzte sich in Bewegung, das Tor schloss sich und wir fuhren durchs Dorf, hinaus auf die Landstraße und bogen in einen asphaltierten Feldweg ein, wir überquerten noch die Brücke, die über die Autobahn führt und stellten unser Auto am Feldrand ab.

Wir waren gerade ausgestiegen und Frauchen kramte noch mit den Schlüsseln herum, um das Fahrzeug abzuschließen, als wir auf dem langen geraden Weg ein Fahrzeug in schnellem Tempo, zu erkennen an der beachtlichen Staubwolke dahinter, in unsere Richtung kommen sahen.

 

„Schon wieder so ein Spinner, warte Tónis, den lassen wir erst vorbei, bevor wir losgehen.“, sagte Frauchen zu mir.

Also standen wir wartend am Feldrand, als das Auto mit der Staubwolke hinten dran vor uns anhielt.

 

Der Fahrer ließ die Fensterscheibe herabsinken und fragte Frauchen:

„Guten Tag, ich bin vom Ordnungsamt, eine Frage, haben Sie eine Genehmigung zum befahren von diesen Wegen?“

„Äh, nein.“, antwortete Frauchen verlegen.

„Aber Sie wissen schon, das Sie hier nicht herfahren dürfen?“,

vergewisserte sich der Mann.

„Ja.“, gab Frauchen kleinlaut zu, „ich fahre dann sofort weg.“

„Ich kann es ja verstehen, das die Leute mit ihren Hunden hier gerne spazieren, aber es ist nun nicht erlaubt, weil Sie einsichtig sind und weil ich Sie hier noch nie aufgeschrieben habe, gebe ich Ihnen diesmal eine mündliche Verwarnung, aber ich habe Ihr Kennzeichen aufgeschrieben, wenn ich Sie hier noch einmal antreffe müssen Sie zahlen.“

„Vielen Dank, darf ich also heute noch hier stehen bleiben?“

„Ja, aber nur diesmal noch.“

„Vielen Dank.“,

sagt Frauchen sichtlich erleichtert.

 

So sind an diesem Tag doch noch alle zufrieden, der Mann vom Amt, der auch nur seine Arbeit macht, freut sich darüber, dass Frauchen keine Zicken macht und er sich kein grässliches Gezeter anhören muss und Frauchen ist froh, dass sie glimpflich davon kam.

 

Ein letztes Mal drehen wir diese Runde in der Woche, weil das Ordnungsamt seit neuestem dort regelmäßig seine Runden dreht.

 

 

© Ute Dissemond, April 2013

 

 

Alles nur Zufall?

 

Hallo zusammen, gestern habe ich von Frauchen mächtigen Ärger bekommen. Nachdem Frauchen die Überreste ihrer am Vortag frisch von der Post angelieferten Hundezeitung, in Schnipselform unter dem Sofa entdeckt hatte, regnete ein heftiger Schwall Schimpfwörter auf mich herab. Aber sie hat sich schnell wieder beruhigt.

Normalerweise sind meine Leute sehr zufrieden mit mir und so etwas mache ich sonst auch nie, aber diesmal musste es einfach sein, es war sozusagen ein dringender Notfall.

 

Die Sache begann so, wenn ich allein bin, nutze ich diese Gelegenheit immer dazu, ein wenig in Frauchens Sachen herumzustöbern. Man muss ja schließlich auf dem Laufenden bleiben.

Mir macht das Alleinbleiben nichts aus, ich habe dann dauernd etwas zu tun und außerdem weiß ich, dass auf meine Leute Verlass ist, sie bleiben nie länger als nötig weg, außerdem sind mir ihre allgemeinen Heimkehrzeiten bestens bekannt.

 

Also, diesmal entdeckte ich die Hundezeitung, wie könnte es anders sein, Frauchen hatte die Kreuzworträtselseite bereits aufgeschlagen und jetzt begann ich darin zu lesen und zu raten, als ich plötzlich eine entsetzliche Feststellung machte. Da wurde das passende Wort für die Umschreibung „ungesunder Hundesnack“ gesucht und das Wort „Wurst“ passte doch tatsächlich genau hinein. Frauchen durfte auf keinen Fall dieses Rätsel lösen, die Folgen könnten furchtbar werden, wenn sie sich davon beeinflussen ließe. Eine sich anbahnende Katastrophe musste ich, koste es was es wolle verhindern. Die Zukunft ohne Leberwurstbrote und Fleischwurststückchen war für mich einfach undenkbar und so machte ich mich mit Zähnen und Pfoten sofort ans Werk.

Fein säuberlich versuchte ich nur diese eine Seite aus dem Magazin zu reißen, doch leider blieb ein Teil der intrigenvollen Seite in dem Heft hängen und ich versuchte es noch einmal, doch diesmal ging dabei ein Stückchen von der nächsten Seite mit ab. Also, musste diese Seite auch dran glauben. Dummerweise passierte mir bei meiner Maßnahme immer wieder das gleiche Missgeschick. Meine innere Uhr zeigt mir schließlich an, dass die Zeit ziemlich knapp wurde, deshalb entschloss ich mich aus Zeitgründen dazu die gesamte Zeitung zu vernichten, als ich draußen Frauchens Wagen vorfahren hörte, scharrte ich den Blättersalat mit Schnauze und Pfoten hastig unters Sofa und legte mich unauffällig davor.

 

Leider gehört mein Frauchen nicht zu den vergesslichen Menschen und bei der Suche nach der Zeitung entdeckte sie schnell das Versteck.

„Tónis verdammt noch mal, spinnst du jetzt völlig, was ist nur in dich gefahren, was soll das,... ?“, legte Frauchen los. Mit meiner Unschuldsmine setzte ich mich daraufhin vor sie, legte den Kopf noch etwas schief, wedelte leicht mit der Rute und gab Pfötchen, das wirkt immer.

Danach setzte sie sich nachdenklich an den Tisch und es wirkte auf mich, als würde sie versuchen die Teile wieder zusammenzusetzen, hoffentlich war ich gründlich genug und es gelingt ihr nicht, hoffte ich im Stillen.

 

Später am Abend jedoch, hörte ich ein Gespräch mit an. Sie telefonierte, sie telefoniert ständig, manchmal denke ich sie telefoniert mit dem Rest der Welt und sie erzählte bei dieser Gelegenheit alles von meiner „Schandtat“, dann hörte ich etwas, was mich zusammenzucken ließ:

„Etwas kam mir an der Angelegenheit jedoch merkwürdig vor, stell dir vor, was ich beim zusammensetzen der Kreuzworträtselseite entdeckt habe, da wurde das Wort „Wurst“, als „ungesunder Hundesnack“ gesucht. Ein merkwürdiger Zufall, nicht wahr? Wenn ich nicht wüsste, das Tónis nur ein Hund ist, würde ich annehmen, dass er die Zeitung gelesen und deswegen zerlegt hat.“

 

Oh Frauchen, ach wie gut, dass du nicht weißt!

 

©Ute Dissemond, März 2013

 

   

Kreuzworträtsel

 

Jeder hat ja so seine Marotten, nicht nur wir Hunde. Frauchens Marotte sind Kreuzworträtsel. Egal ob in der Tageszeitung, der Illustrierten, dem Fernsehmagazin oder sonst wo, ihre Reaktion ist immer die gleiche. Bekommt sie so ein Heft in die Hand, blättert sie es mit flinken Fingern durch, um zu dem gesuchten Rätsel zu gelangen. Am liebsten beschäftigt sie sich mit Kreuzworträtseln, Silben- oder Zahlenrätsel löst sie auch, aber diese sind nur ihre zweite Wahl.

Sudoku Rätsel überlässt sie großzügig Herrchen. Damit er keinen Grund hat sich zu beschweren, dass für ihn keine Denksportaufgabe übrig bleibt und außerdem sind das Herrchens Lieblingsrätsel und das weiß auch Frauchen.

 

Dennoch spielt sich jeden Samstagmorgen das gleiche Ritual ab.

Frauchen könnte ja ausschlafen, aber das hat sie soweit ich mich erinnere noch nie geschafft, ganz ohne Wecker wacht sie Samstags immer sehr früh auf und obwohl sie ansonsten eitel ist, rennt sie ungeschminkt, mit wirrem Haar und mit Morgenrock zum Briefkasten. Anfangs dachte ich es ginge um etwas ausgesprochen wichtiges, weil Frauchen ein Tempo an den Tag legte, als versuche sie einen bereits abfahrenden Bus noch einzuholen. Aber es geht wirklich nur um die Samstagsausgabe der Tageszeitung mit den vielen Wochenendrätseln, die sie unbedingt vor Herrchen in den Pfoten haben will.

Mein Herrchen lässt sie gewähren, er ist da gemütlicher und ein Langschläfer, so wie ich.

Frauchen brüht sich schnell ihren besonders starken Morgenkaffee auf und gibt die Rätselseite nicht mehr aus der Hand, bis alles, außer dem Sudoku, gelöst ist.

Wichtig ist, das meint Herrchen jedenfalls, dass wir Frauchen dabei nicht stören, ersten ist sie dabei derart konzentriert, dass sie sowieso nichts mitbekommt was oder wer um sie herum ist und zweiten, wenn sie beim Rätselraten gestört wird, reagiert Frauchen ziemlich genervt und dann... man kann sich denken, dass Herrchen es dann wieder ausbaden muss. Also drehen wir uns nocheinmal um und dösen noch ein Weilchen.

 

Wenn der Kaffeeduft jedoch bis ins Schlafzimmer geströmt ist, wird auch Herrchen langsam wach. Trotzdem ruhen wir uns noch etwas länger aus, um Frauchen bei ihrem Ritual nicht zu stören, auf diese Weise kommen wir uns nicht in die Quere und alle sind zufrieden.

Außerdem hat dieses Vorgehen noch einen weiteren Vorteil für Herrchen und mich, Herrchen verbrennt sich am Kaffe nicht mehr den Mund und auf mein Frühstück brauche ich auch nicht mehr zu warten, denn es steht ebenfalls schon bereit, bei soviel Service, da überlassen wir Frauchen doch gerne den Rätselspaß.

Man muss auch gönnen können, wie man in unserer Gegend zu sagen pflegt.

 

©Ute Dissemond, Februar 2013

 

 

 

Der schon wieder

 

Die ausgedehnte Morgenrunde mag ich besonders gerne, hier im Dorf kennt man sich und so ist es auch mit Herman, er ist ein hellblonder Labrador Rüde, der ein wenig jünger ist als ich. Kaum haben wir uns von weitem schon erkannt und jeder von uns denkt, ah der Mal wieder, dann rennen wir los und toben ein wenig herum, bevor jeder seinen Weg fortsetzt und unsere Leute sich verabschiedet haben. Wir kennen und mögen uns seit Jahren. Herman ist ein absolut gutmütiger, immer freundlicher und zu Späßen aufgelegter Kumpel, mit dem sich gut die Zeit vertreiben lässt.

 

Neulich war ich zusammen mit Toby und dessen Herrchen unterwegs, von Toby war bereits in einer früheren Geschichte die Rede. Auch er ist immer zu Späßen bereit, wobei man sagen muss, dass seine Späße eigentlich purer Unfug sind.

Er kennt Herman ebenfalls. Doch wenn diese Beiden sich begegnen bin ich mir nicht sicher, ob die Freude bei Herman auch so groß ist wie die von Toby.

 

Tobys kleiner Körper spannt sich, er versucht sich so groß und beeindruckend wie ihm nur möglich ist zu machen, er richtet die Ohren und die Rute steil nach oben, sein Gang wird steifbeinig und er beginnt merkwürdige Töne von sich zu geben. Er ist nicht böse, lediglich ein wenig rotzfrech, er will Eindruck schinden, sonst nichts und bei dem gutmütigen Herman gelingt ihm das auch, das glaubt Toby jedenfalls, das ist Balsam für sein Ego, Herman gönnt ihm den Spaß und lässt ihn in dem Glauben.

Als Herman, den wie ein aufgeblähter Gockel vor sich hin stolzierenden Toby entdeckt, denkt er wie immer, ach der schon wieder und bleibt stehen, um sich dann flach auf den Boden zu legen. Dort verharrt er bis wir ihn erreichen, zu gerne würde ich, so wie auch sonst immer mit ihm lustig herum rennen, aber heute begrüßen wir uns wegen Tobys Show nur kurz.

 

Während Herman gelassen liegen bleibt, steht ihm Toby Auge in Auge gegenüber, was natürlich nur funktioniert, weil Herman sich auf seine Augenhöhe herabgelassen hat.

Toby will auch diesmal die Gelegenheit nicht ungenutzt lassen, um Herman ins Ohr zu bellen. Doch Herman weiß schon genau was kommt und steht schnell auf seinen Pfoten. Nun hopst Toby kläffend um Herman herum, stellt sich schließlich auf die Hinterpfoten und lehnt mit den Vorderpfoten an Hermans Seite, um ihm doch noch ein bisschen ins Ohr bellen zu können ohne dabei selbst das Gleichgewicht zu verlieren.

Das Schauspiel dauert nur einen Moment, bevor beide ihren lachenden Herrchen hinterher eilen.

Man kennt sich eben, weiß einander einzuschätzen und pflegt morgendliche Rituale.

 

©Ute Dissemond, Januar 2013